Das kann uns keiner nehmen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Das kann uns keiner nehmen: Roman' von Matthias Politycki
4.2
4.2 von 5 (5 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das kann uns keiner nehmen: Roman"

Am Gipfel des Kilimandscharo: Hans, ein so zurückhaltender wie weltoffener Hamburger, ist endlich da, wo er schon ein halbes Leben lang hinwollte. Hier, auf dem Dach von Afrika, will er endlich mit seiner Vergangenheit ins Reine kommen. Doch am Grunde des Kraters steht bereits ein Zelt, und in diesem Zelt hockt der Tscharli, ein Ur-Bayer – respektlos, ohne Benimm und mit unerträglichen Ansichten. In der Nacht bricht ein Schneesturm herein und schweißt die beiden wider Willen zusammen. Es beginnt eine gemeinsame Reise, unglaublich rasant und authentisch erzählt, wie das nur Politycki kann, gespickt mit absurden und aberwitzigen Abenteuern. Als sich die beiden schließlich die Geschichte ihrer großen Liebe anvertrauen, erkennen sie, dass sie mit dem Leben noch eine Rechnung offen haben. Doch der Tod fährt in Afrika immer mit, und nur einer der beiden wird die Heimreise antreten. Dieser grandiose Roman über zwei sehr gegensätzliche Weggefährten, jeder auf seine Weise von der Liebe gezeichnet, verhandelt zugleich ein großes gesellschaftspolitisches Thema: Wie findet zusammen, was nicht zusammen passt – auch über einen tiefen Graben hinweg.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:304
EAN:9783455009248

Rezensionen zu "Das kann uns keiner nehmen: Roman"

  1. 4
    24. Mär 2020 

    Freundschaft auf den zweiten Blick

    Der sensible, zurückhaltende und vermeintlich tolerante und weltoffene Hans macht sich auf, den Kilimandscharos zu besteigen. Dort will er aber nicht nur den Gipfel erreichen, sondern auch noch im Krater die Nacht verbringen. Mit dieser Reise will er mit sich und seiner Vergangenheit endlich ins Reine kommen. Offenbar hat er mit dem Berg, oder sogar mit ganz Afrika, noch eine persönliche Rechnung offen.
    Doch obwohl normalerweise niemand im Krater nächtigt, steht dort bereits ein Zelt, und mit ihm ,,der Tscharli", ein von sich selbst eingenommener, lauter und aufdringlicher Ur-Bayer. Für Hans ein Alptraum! Doch der Schneesturm in der Nacht, der auch den Trägern und Reisebegleitern unheimlich ist, bringt die beiden zusammen , wenn auch von Hans Seite aus nur äußerst widerwillig. Doch so unsympathisch, respektlos und abstoßend Tscharli auch zunächst wirkt, so schafft er es doch, die Menschen um ihn herum in seinen Bann zu ziehen. Mit seinem Bayrisch-Phantasie-Suahelie hat er immer die Lacher auf seiner Seite, bekommt das, was er will und setzt sich, auch in Konfliktsituationen, durch. Und er kann das Leben in vollen Zügen genießen, alles Dinge, die Hans bisher im Leben nicht gelernt hat. Als dieser merkt, dass Tscharlie schwer krank ist und nur noch einmal richtig Spaß haben will, bevor es zu Ende geht, schließt Hans sich ihm auf eine abenteuerliche gemeinsame Reise an, die auch ihm ganz neue Horizonte eröffnet.
    Die Geschichte einer Freundschaft auf den zweiten Blick ist berührend, traurig und witzig zugleich, allerdings nicht immer angenehm und unterhaltsam zu lesen. Tscharlies Redewendungen, die Hans allmählich übernimmt, nerven, auch wenn sich in ihnen eine gewisse Lebensweisheit manifestiert. Tscharlies Verhalten wirkt, auch nachdem Hans ihm einen gewissen Respekt zollt, nicht weniger unsympathisch bis teils sogar ekelhaft.
    ,,Das kann uns keiner nehmen" ist eine interessante Geschichte über Lebenslügen und Lebensweisheiten, Liebe und Freundschaft, die kein klischeehaftes Bild von Afrika zeigt, sondern eher das alltägliche Leben in verschiedenen Facetten.

  1. 5
    19. Mär 2020 

    Ernsthafte Themen in einer wunderbaren Verpackung!

    Eine aussergewöhnliche Afrikareise.
    Tansania,
    Kilimandscharo,
    Daressalam,
    Sansibar.

    Zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, treffen sich zufällig und reisen dann zusammen
    mit emotional schwerem Gepäck.

    Der Ich-Erzähler Hans aus Hamburg erinnert sich an eine Afrikareise und erzählt rückblickend von der zufälligen Begegnung, Bekanntschaft und Freundschaft mit dem bayerischen Urgestein Tscharli.

    Hans will oben auf dem Kilimandscharo in einem Krater übernachten, um nach 25 Jahren endlich seine offene Rechnung mit Afrika zu begleichen.

    Als er mit seinem Bergführer Hamza am Kraterrand bei Stella Point knapp unterhalb des Gipfels steht, entdeckt er, dass sich da unten, am Boden des Kraters schon ein anderes Camp niedergelassen hat.

    Wie ärgerlich!
    Hans hätte die Nacht dort unten allein verbringen wollen, um seinen seelischen Ballast endlich loszuwerden.

    Stattdessen ist er gezwungen, sich mit dem ca. Mitte 60jährigen zerzausten, faltigen, dünnen, blassen und fast zerbrechlich wirkenden Tscharli aus Miesbach auseinanderzusetzen, der drauflosredet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.

    Als die Bergführer der beiden beschließen, die Gruppen für die Nacht und für den Abstieg zusammenzulegen, müssen sie sich wohl oder übel miteinander arrangieren.

    Kann das gutgehen? Hochdeutsch und tiefstes Bayrisch krachen aufeinander.
    Zwei völlig verschiedene Charaktere werden miteinander konfrontiert.

    Tscharli ist unkompliziert, gesellig, ehrlich, hat Humor und ist immer gut gelaunt.
    Hans ist introvertiert, zurückhaltend und ernst.

    Während des unglaublich strapaziösen Aufenthalts im Krater und während des anstrengenden Abstiegs kommen sie einander näher.

    Mit der Zeit werden auch andere Seiten der Männer sichtbar und man kann langsam erahnen, dass ernste Geschichten hinter dem zunächst sehr lässig und vergnüglich Erzählten stecken.

    Manchmal schimmern Tiefsinnigkeit und Traurigkeit durch die fröhlich-legere Fassade des Tscharli. Aber auch eine gewisse Weisheit blitzt neben Ironie und Zynismus auf.

    Hans wird stellenweise leichter ums Herz. Die Bitterkeit der Jahre fällt von ihm ab. Er fühlt sich erstmals seit langer Zeit befreit und froh.
    Aber gleichzeitig fühlt er sich von Tscharli darin gestört, seinen Gedanken und Gefühlen nachzuhängen, weil dieser ihn ständig mit irgendwelchen Banalitäten ablenkt.

    Im Verlauf wird immer wieder angedeutet, dass Tscharli ernsthaft krank ist und der folgende Satz von Hans lässt Schlimmes erahnen:
    „...jählings begriff ich, dass er sich nur noch auf diese Weise aufrecht halten konnte. Begriff seine schrecklich volkstümliche Heiterkeit als grelle Oberfläche der Verzweiflung - und dass er die Anderen nur deshalb so zwanghaft zum Lachen bringen musste, weil er selber nichts zu lachen hatte.“ (Kindle, Pos. 594)

    Schließlich ist die Bergtour zu Ende und Tscharli hat einen Wunsch:
    Hans soll ihn nach Daressalam und Sansibar begleiten „weil er noch ein bisschen Spaß haben wolle, bevor‘s ernst werde.“ (Kindle, Position 646).

    Der Roman ist schon deshalb interessant, weil er so viele Überraschungen bereithält.
    Nicht nur inhaltlich, sondern auch was Schreibstil, Ton und Atmosphäre anbelangt.

    Gerade am Anfang ist er trotz bald erkennbarer ernster Grundthematik witzig, humorvoll, unterhaltsam, leicht, flüssig und lässig geschrieben.
    Im Verlauf und vor allem gegen Ende überwiegt dann die Ernsthaftigkeit.
    Aber trotzdem werden auch diese Passagen mit angemessenen Prisen von Humor und Leichtigkeit gewürzt, so dass sich das Buch bis zum Ende mit Spannung und großem Vergnügen lesen lässt.

    Während der Lektüre durchlebt man sämtliche Gefühle.
    Muss man am Anfang noch sehr häufig schmunzeln oder auch den Kopf schütteln, so gibt es gegen Ende viele Momente der Rührung, der Hoffnung, der Resignation, des Ekels, des Erschauderns und des Erschreckens.

    Neugier und Spannung wachsen im Verlauf.
    Welche Erinnerungen, Erfahrungen und Gefühle befinden sich in den Rucksäcken der beiden Männer?
    Zunächst bekommt der Leser nur häppchenweise Antworten auf diese Frage.

    Die Geschichte wird vor der unverfälschten, exotischen und beeindruckenden Kulisse Afrikas erzählt.

    Eindrücklich werden Landschaft, Wetter, Menschen und Tiere beschrieben.
    Man kann sich die Berg- und Kraterlandschaft und den Regenwald mit seinen meterhohen Farnen bildlich vorstellen, sieht die Schneeflocken wirbeln, spürt Wind, Sturm, Regen, fühlt die bittere Kälte und die sengende Hitze.
    Die Anstrengung der Wanderung wird regelrecht spürbar und man hat fast das Gefühl, ein Teil der Gruppe zu sein.

    Die Landschaft erscheint vor dem geistigen Auge, so eindrücklich wird sie beschrieben und man meint, sich auch im Auto auf der 10-stündigen Reise in Tansania von Moshi am Südhang des Kilimandscharo nach Daressalam an der Küste des indischen Ozeans zu befinden.

    Ich scheue mich fast, klar und direkt auszusprechen, dass der Roman sich mit einem sehr ernsten Thema beschäftigt:
    dem Umgang mit Sterben und Tod.
    Warum ich mich scheue? Weil ich befürchte, dass sich dann viele von dem Buch abwenden, ist es doch ein bedrückendes Thema, das Viele gern weg- oder aufschieben möchten.

    Aber keine Sorge!
    Sich auf so unterhaltsame, unkomplizierte und unbeschwerte aber niemals bagatellisierende oder beschönigende, sondern angemessene Art und Weise mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, ist meines Erachtens eine wunderbare Möglichkeit, einmal den Blick in eine andere Richtung zu wenden und behutsam Gedanken anzustoßen, denen man sonst gerne aus dem Weg gehen möchte.

    Darüber hinaus geht es noch um weitere interessante Themen:
    Seine Zögerlichkeit ablegen und sich auf etwas Neues einlassen.
    Herausfinden, was mit einem passiert, wenn man neue Pfade einschlägt.
    Offen sein und offen bleiben anstatt sich vorschnell Urteile zu bilden.

    Der Autor vermittelt implizit und unaufdringlich, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben, sondern das Beste aus seinem Schicksal zu machen:
    Egal, ob man einen geliebten Menschen verliert oder ob aufgrund von schwerer Krankheit der Tod bevor steht.

    Außerdem ist die Lektüre eine Möglichkeit, einen Teil Afrikas kennenzulernen, ohne vom Sofa aufstehen zu müssen.

    Absolute Empfehlung!
    Unbedingt lesenswert!

  1. AFRIKABILANZ ZWEIER REISENDER

    AFRIKABILANZ ZWEIER REISENDER

    Kurzmeinung: Ist Afrika wirklich so? Jedenfalls haben der Tscharlie und der Hansi so ganz eigene Erfahrungen auf und mit diesem Kontinent gemacht.

    Der in die Jahre gekommene Hans hat eine alte Rechnung offen mit Afrika. Also plant er erneut eine Reise zum Kilimandscharo. Dort angekommen, trifft er den Tscharlie an. Der ihm die Stille der eisigen Nacht am Kilimandscharo streitig macht.

    Die gegenseitige Antipathie ist heftig. Doch Bergleute sind ja „nett“ zueinander, alte Bergkameradie, das gehört sich so. Und so giftet man sich zwar ein bisschen an, kommt sich aber auch näher.

    Der Leser muss sich rasch von der Vorstellung verabschieden, man bekäme mit dem vorliegenden Roman eine Liebeserkärung an Afrika, etwa Beschreibungen schönsten Lokalkolorits und jede Menge an Informationen über Land und Leute. Sonst ist er enttäuscht. Besonders viel Lokalkolorit bekommt man nämlich nicht, obwohl man sowohl mit dem Tscharlie in der Gegenwart wie auch mit dem Hansi in der Vergangenheit eine Art Roadtrip durch Afrika macht. Man trifft auf Lebensfreude, Pragmatismus, Schlamperei, Flüchtlinge, Krieg. Aber eigentlich ist „Was uns keiner nehmen kann“ ein reiner Beziehungsroman.

    Sowohl der Tscharlie wie auch der Hansi schleppen ein Trauma mit sich herum. Der Tscharlie wird an dem seinen sterben, der Hansi ist an seinem nicht gestorben. Beide Männer erleiden eine heftige Krankengeschichte und der Autor, der autobiographische Details seiner eigenen Knieoperationen und Afrikareise einfließen ließ, spart leider nicht mit unappetitlichen Details. „Was uns keiner nehmen kann“ ist daher sicherlich eine Story, an der angehende Krankenschwestern ihre helle Freude haben werden. Es fließt Eiter in Massen und jede Menge Blut in die Kloschüssel. Für diese Unappetitlichkeiten, die in dieser drastischen Weise, meiner Meinung nach, nicht nötig gewesen wären, gibt es Punkteabzug.

    Ansonsten ist die Annäherung der beiden unterschiedlichen Männer und der Austausch ihrer Lebensgeschichten durchaus unterhaltsam und sogar mit einer gewissen erzählerischen Sogwirkung geschrieben.

    Ja, es gibt kleine erzählerische Schwächen und Wiederholungen, trotzdem bekommt man einen Eindruck von dem, was die Reisenden bewegt. Wiederholt stellen sie fest, einmal resignierend, einmal mit Freude, einmal begeistert und dann wieder depressiv, „das ist halt Afrika“. Man ist fatalistisch, weil man die Dinge nicht ändern kann, aber die Lebensfreude ist stärker als aller Frust: „Der Tod steht schon im Raum und es wird noch einmal getanzt. Das ist halt Afrika.“

    FAZIT: Anständig erzählt. Nur warum man sich ausgerechnet für den Tscharlie oder für den Hansi besonders interessieren sollte, hat sich der geneigten Leserin nicht erschlossen. Vielleicht deshalb nicht, weil sie nicht Krankenschwester ist. Und an Blut und Eiter wenig interessiert.

    Kategorie: Gute Unterhaltung
    Verlag: Hoffmann und Kampe, 2020

  1. 4
    08. Mär 2020 

    Vielschichtiger Roman

    Der Autor Matthias Politycki, 1955 geboren, hat schon sehr viele Bücher geschrieben - Romane, Erzählungen, Reiseberichte und mehr. Er ist ein Schriftsteller, der oft auf Reisen ist und dies in seinen Büchern literarisch verarbeitet.
    In diesem Roman führt er uns nach Afrika. Hans, ein kultivierter Hanseate, ist Schriftsteller, Anfang 60 und der Ich- Erzähler der Geschichte. Nun hat er es dieses Mal endlich geschafft. Er ist oben, auf dem Gipfel des Kilimandscharo, wo er schon sein Leben lang hin wollte. Eine Nacht möchte er unten im Krater verbringen, weg von all dem Trubel am Berg und hier mit seiner Vergangenheit abschließen. Das war sein Plan. Aber da unten ist schon einer - ein dürrer, verrückter Typ namens Tscharli. „ Lecko mio“ begrüßt ihn dieser; genauso wenig erfreut von dem Eindringling. Die beiden ungleichen Männer sind nun gezwungen, die Nacht gemeinsam im Krater zu verbringen. Eine Nacht, die ihnen unvergesslich werden wird. Ein Schneesturm bricht aus und am nächsten Morgen sind beide froh überlebt zu haben.
    Nach dem Abstieg will Hans eigentlich weiter. Die Chauvisprüche und die rassistischen Bemerkungen des Bayern gehen ihm gewaltig auf die Nerven. Trotzdem lässt er sich auf eine gemeinsame Reise ein. Tscharli ist nämlich ernsthaft krank und braucht deshalb einen „ Aufpasser“. Bald ist klar, dass dies seine letzte Reise sein wird. Und hinter seiner flapsigen Art steckt eine verwundete Seele.
    Der Leser begleitet die beiden Männer auf ihrer Tour quer durch Tansania bis nach Sansibar. Beide schleppen alte Geschichten mit sich herum. Nach und nach erfährt man nun von Tscharlis großer Liebe Kiki, die jung gestorben ist. Und Hans war vor 25 Jahren schon einmal in Afrika, eine gemeinsame Reise mit seiner Freundin Mara. Für Hans ging es damals um Leben und Tod und Mara hat ihn gerettet. Danach verlässt sie ihn.
    Politycki versteht es, die konträren Charaktere der Figuren glaubhaft darzustellen. Anfangs ärgert sich Hans über Tscharlis Sprüche, merkt aber bald, dass dieser mit seiner lockeren Art die Herzen der Menschen, v.a. die der Frauen gewinnt. Und so kommt es zu einer Annäherung, ja zu einer Freundschaft zwischen den Männern.
    Tscharlis bayrisches Suaheli- Englisch lockert den Text auf und manche tiefsinnigen Lebensweisheiten bleiben dem Leser im Gedächtnis.
    Gleichzeitig vermitteln die Landschaftsbeschreibungen und die Begegnung mit Einheimischen ein lebendiges Bild von Afrika. Dabei werden die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Probleme nicht verschwiegen.
    Der Roman beginnt furios, hat danach einige Längen ( manche Wiederholungen, auch sprachlicher Art, hätte es nicht gebraucht ), nimmt aber gegen Ende hin wieder Fahrt auf.
    „Das kann uns keiner nehmen“ ist ein vielschichtiger Roman. Es ist ein Buch über das Leben mit seinen Verwerfungen, über Freundschaft, über die Liebe und über den Tod. Roadnovel und Reisebericht obendrein.
    Dass der Autor eigene Erfahrungen in diesem Roman verarbeitet hat, spürt man auf jeder Seite. Er hat selbst den Kilimandscharo bestiegen und ist vor vielen Jahren in einem afrikanischen Krankenhaus beinahe gestorben.
    Das war mein erstes Buch von Matthias Politycki, aber sicher nicht mein letztes.

  1. King of Fulalu

    Der Erzähler reist nach gut 20 Jahren noch einmal nach Afrika um den Kilimandscharo zu besteigen. Er hat noch eine Rechnung offen, seine erste Reise endete in einem Desaster, das auch seine Beziehung zu Mara zerstörte. Er will dieses Kapitel abschließen und es stört ihn gewaltig, dass er bei seiner geplanten Übernachtung im Krater nicht allein ist. Ein Zelt ist bereits aufgebaut und er lernt Tscharli kennen. Einen ausgemergelten Bayer, laut, prollig und unangenehm. Ein Schneesturm schweißt die beiden Reisenden wider Willen aneinander und Hans, ein gebildeter, polyglotter Hamburger, von Tscharli stets nur als „Hornbrillenwürschtl“ oder wegen seines Tuches „Windelhans“ genannt, setzt seine Reise mit ihm fort.

    Die gemeinsame Woche wird beide Männer verändern, vielleicht sogar eine Freundschaft entstehen lassen…..

    Beide Reisegefährten haben eine tragische, zerbrochene Liebesgeschichte im Rucksack und die zwei abwesenden Frauen sind in Gedanken und Gesprächen im Hintergrund präsent. Tscharli ist – neben seinem exzessiven Alkoholgenuss - gesundheitlich schwer angeschlagen und Hans merkt bald, dass er der Begleiter auf einer letzten Reise ist, die Tscharli noch einmal nach Daressalam und in seine Vergangenheit führt.

    Politycki hat einen unnachahmlichen Erzählstil. Die Geschichte dieser beiden so unterschiedlichen Männer ist einfach wunderbar erzählt. Der afrikanische Hintergrund sehr aktuell und kenntnisreich in Szene gesetzt. Ganz allmählich machte ich als Leserin die gleiche Wandlung wie Hans durch. Meine Abneigung gegen Tscharli wandelte sich allmählich in Empathie zur Sympathie. Wenn er in seinem Bayrisch-Suaheli Pidgin redet, sich Hans voll Peinlichkeit windet und zu seinem großen Erstaunen merkt, wieviel Respekt, ja Freundschaft Tscharli von den Einheimischen entgegengebracht wird, hat das auch großen Unterhaltungwert.

    Ich habe die Reise mit Spannung verfolgt und bin manchmal zwischen Abscheu und Sympathie hin und her gerissen gewesen, aber immer hat mich der Autor voll in seinen erzählerischen Bann geschlagen. Es war mein erstes Buch dieses Autors und es wird sicher nicht mein letzter Text von ihm sein.